Arthur Köpcke --

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Arthur Köpcke
19/06/2009 - 14/08/2009

"fill : with own imagination“ and “…&C” (and continue)

Diese beiden Grundprinzipien durchziehen alle Werke des Künstlers Arthur Köpcke, die den Betrachter auch heute noch herausfordern, Kunst und Alltag erfinderisch zu begegnen. Als gleichsam humorvolle wie ernsthafte Anliegen fordern sie auf: ‚Use your own imagination in an infinite process.’
Das Leben und Werk des 1928 in Hamburg geborenen Arthur Köpcke war geprägt von einer biographisch bedingten Infragestellung seiner Existenz und seiner Umwelt. Traumatische Erlebnisse zu Ende des Zweiten Weltkrieges hinterließen bei Köpcke das Empfinden, in einem permanenten Ausnahmezustand zu leben. Als Künstler Autodidakt umspannte sein umfangreiches Werk Literatur, Malerei, Objekt-, Konzept- und Aktionskunst. In den Fünfziger Jahren beim Versuch von der Kunst zu leben gescheitert, beschloss er aus dieser Not in Dänemark eine Tugend zu machen: in der internationalen Fluxus-Bewegung, die die Verschmelzung von Kunst und Leben zum Ziel hatte, erkannte Köpcke Gleichgesinnte. Es galt nicht mehr Werke herzustellen, die als Galerieware zu verkaufen waren, sondern Kunst zu machen, die vom alltäglichen Leben zehrte. Das Augenmerk lag auf dem Gewöhnlichen, nicht dem Exotischen, dem Ereignis und nicht der Pose, dem Prozess und nicht dem Kunstwerk.

Köpcke schien seine ganze Aufmerksamkeit auf das Medien-Bild und den Konsum-Artikel seiner Zeit zu richten, wodurch eine neue Achtung vor den Dingen, die sonst nur flüchtig wahrgenommen werden, entstand. Massenartikel, die günstig erworben, schnell verbraucht und dann oft sorglos weggeschmissen werden, hatte Köpcke in Collagen und Montagen ironisch und humorvoll reflektiert, in etwas Eigenes weiterentwickelt und so aufgewertet. Indem er Schriftelemente in seine Bilder integrierte, später eigene Texte verlesen ließ und die Aufnahmen der Lesungen veröffentlichte, betonte er die Wichtigkeit des Verhältnis von Schrift zu Bild: Charakteristisch für seine Bildsprache war der wechselnde Einsatz von Leerflächen versus Schrift- und Bildzeichen. Mit schriftlichen und bildlichen Fragen und Handlungsaufforderungen (’fill: with own imagination’) versuchte er, den Betrachter aus seiner passiven Haltung zu lösen.

Ende 1957 eröffnete Köpcke gemeinsam mit seiner Frau in Kopenhagen die Galerie Køpcke – ursprünglich aus dem Grund, um seine dänische Aufenthaltsgenehmigung zu sichern. Mit seinen Wurzeln im Futurismus, Dadaismus und Surrealismus lag der Schwerpunkt der Galerie auf Fluxus und Nouveau Réalisme – für die kommenden fünf Jahre ihres Bestehens wurde die Galerie zu einem Zentrum für die Avantgarde-Szene von Dänemark. Für die Vermittlung von Fluxus nach Dänemark und ganz Skandinavien wurde Köpcke zur Schlüsselfigur. Er wechselte nicht nur mühelos die Medien, sondern auch die Rollen - als Künstler, Galerist und Kunstvermittler. Als Organisator und Teilnehmer vieler Fluxus-Veranstaltungen entwickelte sich Köpcke zu einem eigenständigen Protagonisten der Szene. An seinen Spektakeln mit aktionistischem Charakter nahmen Künstler wie Piero Manzoni, der seine Merda d’artista ausstellte, Niki de Saint Phalle, Daniel Spoerri und viele andere teil.

Köpckes Piece No. 1, 'Music while you work', während des ersten Fluxus-Konzerts in der Nikolaj Kirche (seit 1962 der neue Galeriestandort Köpckes) aufgeführt, ist eine komplette Verschmelzung von Musik, Poesie und visueller Kunst. Dieses Stück stellt dar, was sehr charakteristisch für die beiden legendären Fluxus-Veranstaltungen Fluxus Fluxorum (1963) und Festival of Misfits (1962) ist: die Vernichtung von Barrieren zwischen Musik, Poesie und visueller Kunst – oder jeglicher anderen Gattung. Zwischen 1963 und 1965 entstand sein Schlüsselwerk reading/ work-pieces-manuscript, ein schlichtes in Heftform gestaltetes Konvolut von 127 (bzw. 129) Stücken – darin fasste er die bis dahin entstandenen Werke in Form von Konzepten zusammen. Diese Art Werkverzeichnis markierte einen Wendepunkt in Köpckes Arbeit: Während der Künstler bis zu diesem Zeitpunkt eher Impulse von außen aufgenommen hatte, schuf er von nun an einen eigenen unverwechselbaren Stil, der den inhaltlichen Kern von Fluxus tranportierte (ohne jedoch dessen typisiertes Layout zu übernehmen).

Die Ausstellung in der Georg Kargl BOX zeigt eine Auswahl von 12 Werken des Fluxus-Künstlers. Die 1973/1974 entstandene Collage Time (&) [plus] yours. vereint viele der erwähnten Elemente: Auf der Köpke-Werbetafel sind Papptellerteile, Papier, Porzellanfliesen, Geschenkschleifen montiert und teilweise bemalt. Die collagierten Elemente bilden in ihrem leichten und spielerischen Charakter einen Kontrast zur groben Materialästhetik des Bierfassdeckels.  Die am unteren Bildrand montierte Sanduhr impliziert im Zusammenspiel mit dem Text eine Reflexion über den allgemeinen und subjektiven Kreislauf von Zeit und Vergänglichkeit. Die Arbeit Treatment of a canvas, + You: Play chess with money - each team its side of the coins aus dem Jahr 1965, die zwischen zwei Holzleisten gespannt ist und an die Präsentationsform einer Landkarte erinnert, fordert den Betrachter auf, Schach zu spielen; dabei ersetzen Geldmünzen ihrem nominellen Wert nach die verschiedenen Schachfiguren. 

Köpcke regte die dänische Kunst durch seine eigenen Aktionen und durch die Vermittlung der neuen Tendenzen der europäischen Kunst nachhaltig an. In seinem berühmten Zitat (“Ich denke jede Nacht an Addi Køpcke - Joseph.”) verleiht Joseph Beuys seiner Bewunderung für den Menschen und Künstler Arthur Köpcke Ausdruck und verdeutlicht so die Wirkung des im Jahr 1977 nur 49jährig verstorbenen Künstlers auf die Nachwelt.