Martin Dammann -- Blind Spot

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Martin Dammann
Blind Spot
29/06/2012 - 08/09/2012

Als „blind spot“ oder „blinder Fleck“ bezeichnet man in der Psychologie jene Bereiche der Erinnerung, die ausgeblendet und daher nicht mehr abrufbar sind. Durch diesen Mechanismus werden Handlungen und Erlebtes aus verschiedensten Gründen aus dem Bewusstsein eliminiert. Um Vergangenes und unsere Erinnerung daran geht es auch in der Ausstellung von Martin Dammann. Kennen wir bereits aus früheren Präsentationen Aquarelle, die nach Archivbildern von Kriegssituationen gemalt sind, sehen wir diese Arbeiten nun Bildern gegenübergestellt, die er nach persönlichen Fotografien aus seinem privaten Umfeld gemalt hat. In einem Parcours der Erinnerung inszeniert Martin Dammann in Blind Spot eine Dramaturgie aus alten und gegenwärtigen Fotografien, seiner malerischen Umsetzung dieser Fotografien in Aquarellbilder und einer Videoarbeit. Diese Kombination ermöglicht uns einen direkten Vergleich des Damaligen mit dem Heutigen durch Analogien des Dargestellten und der Komposition.

Martin Dammanns Faszination für die Vergangenheit äußert sich in der Untersuchung, wie sich die unwiderruflichen Geschehnisse der beiden Weltkriege immer noch und immer wieder auf das gegenwärtige Wertesystem unserer Gesellschaft auswirken. Durch die Übersetzung dieser alten Fotografien in seine Malerei schafft er eine Verbindung zwischen der Vergangenheit und dem Heute. Durch die zusätzliche Verwendung von privatem, aktuellem Fotomaterial setzt der Künstler unsere Bilder vom Vergangenen denen gegenüber, die wir von uns selbst entwickeln. Dies wirkt stringent, wenn man bedenkt, dass einer Untersuchung der Auswirkungen der Weltkriege auf die heutige Gesellschaft eine Untersuchung der Einflüsse des familiären Gefüges auf das Individuum nach sich zieht.

Bei der Transformation seiner Motive in großformatige Malerei konzentriert sich Martin Dammann auf emotionale Regungen, die er in der Fotografie ausmachen kann, und arbeitet diese durch eine intensive Farbwahl in seine Aquarelle ein. Überhaupt werden die Bildgegenstände durch die Wahl der Aquarelltechnik verfremdet und nur bestimmte Bildkomponenten werden zu erkennbaren Motiven. Der verschwommene Charakter des Aquarells lässt zum Teil wenig Eindeutigkeit zu weder im Malprozess noch in der Deutung. Manchmal lässt er Gesichter oder auch ganze Körper aus, die entweder weiß bleiben oder sich in einfarbige Flecken verwandeln. Es scheint fast, als wären seine Malereien Sinnbilder für die menschliche, bruchstückhafte Art des Erinnerns. Teile des Erlebten gelangen gar nicht in unser Gedächtnis, andere sind verschwommen abrufbar, manches ist sehr präzise und klar vor Augen. Das Ganze ist scheinbar so zufällig wie der Prozess, der beim Malen durch Wasser und Farbe auf dem Papier passiert.
Häufige Motive in Dammanns Arbeit sind und waren Gruppengefüge der unterschiedlichsten Konstellationen. In den Fokus der aktuellen Ausstellung bei Georg Kargl Fine Arts ist ein sehr intimes Gefüge gerückt: die Familie. Durch die Videoarbeit im letzten Raum der Ausstellung, die einen sehr privaten Charakter hat, beginnt sich die Aufarbeitung einer globalen, kollektiven Vergangenheit mit der Auseinandersetzung der persönlichen Geschichte zu mischen. Man sieht den Vater des Künstlers, der auf eine Frage, die Vergangenheit der Familie betreffend, nur lacht; aber scheinbar nichts mehr abrufen kann. Ein blinder Fleck in der Erinnerung!

Text: Marie Duhnkrack